„Der Mensch blüht wie eine Blume auf dem Felde…“ (Psalm 103, 15b)
Liebe Gemeinde, liebe Leserinnen und Leser,
Es sind besonders die ersten Blüten und Blumen, die uns im beginnenden Frühling auffallen und besonders Freude machen. Sie sind sichere Boten dafür, dass der Winter, die oft ungemütliche, kalte Jahreszeit ein Ende hat. Eine einzelne Blume, ein erster Krokus, eine Narzisse oder Tulpe sagt uns da oft mehr als später ein ganzer Blütenteppich. Wir können uns freuen, dass das, was wir selbst oder andere einmal in den Boden gesteckt hatten, angegangen ist, noch lebt und deshalb Blüten treibt. Und bei vielen Menschen stellt sich das Gefühl ein: Gottes schöne Natur ist doch herrlich eingerichtet. Was könnten die Menschen es doch wirklich gut haben, wenn ihnen, dass was die Schöpfung Gottes bereit stellt, reichen würde. Aber wir erleben auch im schönsten Frühjahr, dass Menschen im Streit, mit Neid oder gar im Krieg miteinander umgehen. „Why? = warum?“ stand einmal zur Zeit des Vietnamkriegs auf einem bekannten Plakat auf dem ein gerade fallender Soldat zu sehen war.
Warum ist der Mensch wie er ist? Warum reicht dem Menschen nicht, was da ist? Warum schafft er sich selbst Probleme, die keine sein müssten? Aber es ist wohl so wie mit den Blumen, dass sich Menschen am ehesten aneinander freuen können, wenn sie die Einzigartigkeit des anderen wahrnehmen, sich daran freuen ohne sie herausreißen, also zerstören zu müssen. Und umgekehrt: wie jede Blume ihre Schönheit, kann auch jeder Mensch etwas von sich verschenken. Gewiss – jede Blume verwelkt irgendwann- aber eine Blume, die Freude geschenkt hat, die selbst verschenkt wurde, behält mit einem Mal eine Bedeutung für lange Zeit,
die man so schnell nicht vergisst und die selbst durch lebendige Erinnerung an sie neue Blüten treiben kann.
Die Passions- und Osterzeit erinnert in ganz besonderer Weise an den, der sich ganz für die Menschen geschenkt hat, an Jesus Christus. Sein Leben, sein Blühen, sein Verblühen und dann das Wiedererwachen neuen Lebens: seine Auferstehung, all das ist Gottes Geschenk an uns: die schönste Blume, die je für uns blühte, die immer noch blüht und neue Blüten treibt. Und so ist es gewiss kein Zufall, dass etwa die Rose von alters her als Christusblume und zugleich als besondere Blume der Liebe gilt. Auch da, wo in einer Gemeinschaft, auch gerade in einer Kirchengemeinde immer wieder neue Blüten Freude schenken, hat das seinen Ursprung in der Freude an der herrlichen Blume Jesus Christus, der Liebeserklärung Gottes an uns. Er will unser Friede und unser Trost im Leben und im Sterben sein. Es ist gewiss nicht immer so ganz leicht für Menschen mit all ihren Sorgen, Ängsten und Problemen, das für sich so zu erfahren, aber vielmehr als die ersten Blüten im Frühjahr will er uns herzliche Freude schenken und wir dadurch herzliches Vertrauen zu ihm.
Ich wünsche Ihnen und Euch allen eine schöne und friedvolle
Oster- und Frühlingszeit
Ihr / Euer
Bernhard Speller, Pfarrer